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Old Strathcona: Edmontons Hot Spot für Foodies und Kulturfans

Marché fermier d’Old Strathcona Edmonton

Old Strathcona: Edmontons Hot Spot für Foodies und Kulturfans

 

Dieser Artikel wurde ursprünglich auf der Webseite von  Travel AlbertaExterner Link Titel veröffentlicht.

 

Dan Rose klammert sich mit einer Hand an der Halteschlaufe im holzverkleideten Straßenbahnwagen fest und schiebt mit der anderen seine Sonnenbrille nach unten, um einen besseren Blick auf das grüne Flusstal des North Saskatchewan River unter sich zu haben. „Das ist mit Abstand der beste Ausblick der Stadt“, sagt der 28-Jährige beim Überqueren der High Level Bridge, die das Zentrum von EdmontonExterner Link Titel mit Old StrathconaExterner Link Titel verbindet. Die ursprünglich eigenständige Stadt wurde 1912 in die Provinzhauptstadt Albertas eingegliedert.

 

Als Experte für Kulturerbe weiß Rose, wovon er spricht. Er erzählt mir, dass die Straßenbahn eine exakte Nachbildung der Bahnen ist, die bis 1951 über die Pendlerbrücke fuhren. Dabei ist selbst ans kleinste Detail gedacht: Die Fahrer treten ihren Dienst beispielsweise in nostalgischen Schaffnerhüten und Uniformen an. 

 

"Bei Winterstürmen schaukelten die Bahnen auf den Gleisen“, so Rose. „Dann musste der Schaffner oft aussteigen und die Bahn mit einem langen Stock wieder an der elektrischen Oberleitung anhaken.“ Heute fungieren die Bahnen hauptsächlich als Sommerattraktion für Touristen. Ihr Ziel ist das quirlige Viertel, das sich mit jeder Generation neu erfindet.

Architektur aus der Edwardianischen Epoche

 

Ungeschliffene Boomtown, typische Main Street, alternatives Künstlerviertel und Mega-Barbezirk: Strathcona hat in den letzten gut 100 Jahren schon einiges erlebt. Aktuell durchlebt der Stadtteil erneut eine Transformation: „So kultiviert wie heute ist es in Strathcona noch nie zugegangen“, meint Rose und öffnet die im spanischen Kolonialstil gehaltenen Türen des Restaurants El CortezExterner Link Titel.

 

Die Inneneinrichtung des mexikanischen Restaurants erinnert an ein Musikvideo. Kein Wunder: Inhaber ist der renommierte Filmemacher Michael Maxxis, der sich für die Gestaltung Kulissenbauer und Künstler aus L.A. geholt hat. Vor zehn Jahren, als Rose an der nahen University of Alberta Geschichte studiert und nachts die Clubs unsicher gemacht hat, hätte es so ein Etablissement hier nicht gegeben. Damals machte die Gegend eher durch randalierende Eishockey-Fans auf der Whyte Avenue von sich reden.

 

„Die Whyte Avenue gilt heute eindeutig wieder als gute Adresse“, sagt Rose und beißt in seinen in Zimt ausgebackenen Schweinefleisch-Taco. Und das El Cortez ist längst nicht allein. Im Obergeschoss serviert das Schwesterrestaurant Have Mercy gehobene Küche aus den amerikanischen Südstaaten, darunter Maisgrütze und Rippchen. Die nahe NongBu Korean Eatery setzt auf süße und fettige Gerichte, zu denen asiatische Schwarz-Weiß-Filme an die Wand projiziert werden. Das Dorinku ist eine Kneipe im Tokioter Stil, und bei MEAT gibt es das beste Räucher-Barbecue der Stadt (plus Bourbon-Verkostungen). Fast alle Restaurants befinden sich in den charakteristischen edwardianischen Backsteingebäuden aus den Anfangstagen des 20. Jahrhunderts, die in den 1970er Jahren um ein Haar einem Freeway hätten weichen müssen.

Der Old Strathcona Farmers’ MarketExterner Link Titel befindet sich in einem umfunktionierten Busdepot. Rose erzählt mir, wie einheimische Aktivisten erfolgreich gegen die Städteplaner kämpften, um diesen Markt durchzusetzen. Ziel war es, wieder Besucher in einen Teil der Stadt zu locken, in dem es fast nur noch eingeschlagene Fensterscheiben, vermüllte Eingänge und Pfandhäuser gab. „Die Sanierungsprojekte konzentrierten sich alle auf den Innenstadtkern. Darüber wurde Old Strathcona praktisch vergessen.“ 

 

Schon kurz nach der Gründung siedelte sich das weltberühmte Edmonton International Fringe Theatre FestivalExterner Link Titel rund um den Markt an und verlieh damit der gesamten Whyte Avenue einen kulturellen Anstrich. Die noch verbliebenen Second-Hand-Boutiquen verkaufen handverlesene Edelstücke und dazwischen liegen kitschige Antiquitätenläden wie Junque Cellar.

 

Rose holt sich am Marktstand von Cookie Crumbs eine Tüte der mit Zitronencreme gefüllten Waffel-Cookies und führt mich dann zu Barber Ha, einem seiner Lieblingsläden. Der Herrensalon nimmt nur samstags Laufkundschaft an und Rose möchte sich auf Vordermann bringen lassen. Im Inneren tönen uns lautes Geplapper und Rap aus den 1990ern entgegen. Roses Stammfriseurin Brandi Strauss fügt sich mit ihrem punkigen Bob und den vereinzelten Tattoos perfekt in das minimalistische, aber kunstvoll arrangierte Ambiente des Ladens ein.

 

Rose erinnert sich noch gut daran, wie er beim ersten Betreten des Salons über den Anblick der Liveband erschrocken ist (zu deren Mitgliedern übrigens auch Strauss gehört). „Hier bekommen Kunden viel mehr geboten als einen Haarschnitt“, fügt er hinzu.

 

„Stimmt“, meint Strauss. „Wir sind hier eine verschworene Gemeinschaft.“

 

Kaffee mit Katzen und Craft-Bier in historischem Ambiente

Auf dem Weg Richtung Westen, wo sich das Viertel von seiner lebendigsten Seite präsentiert, können wir einem Abstecher in das neue Cat CafeExterner Link Titel nicht widerstehen. Beim Betreten werden wir zunächst über die Hausregeln aufgeklärt: Keine Katzen auf den Arm nehmen und die Tiere nur mit Katzenfutter füttern. Geschäftsführerin des Cafés ist Destiny MacDonald, eine ehemalige Hundefriseuse, die später ihr Herz für Katzen entdeckt hat. Ihr Wohnzimmer würde jeden Penthouse-Eigentümer neidisch machen. Zehn Katzen räkeln sich unter Originalgemälden ihrer Artgenossen auf den edlen Möbeln, halten ein Nickerchen oder stolzieren im Raum umher. Dazwischen sitzen ein Dutzend Zweibeiner, die an ihrem Bubble Tea nippen und eine schützende Hand über ihr Gebäck halten, um es gegen die frecheren Miezen zu verteidigen. „Wir sind verrückt nach Katzen“, meint ein weiblicher Gast und fügt dann noch hinzu, dass das Katzencafé ihrer Heimatstadt mit zum Besten gehört, was ihre Familie in Europa, dem Nahen Osten und Asien je erlebt hat.

 

Kurz darauf finden Rose und ich uns an einer riesigen Open-Air-Bar wieder. In der Hand haben wir ein Blindman’s Longshot und ein Troubled Monk Saison – beides hervorragende Biere aus Alberta und zwei der über 100 Biersorten auf der Karte des MKTExterner Link Titel. Rose setzt zu einer weiteren Geschichtsstunde an. „Hier hat alles begonnen“, sagt er und deutet auf die Backsteinmauern des Bierlokals, in dem rund 1.000 Gäste Platz finden. „An dieser Stelle befand sich einst der nördlichste Endpunkt der Canadian Pacific Railroad. Wie es sich für eine Pionierstadt gehört, kamen damals viele Leute her, die quasi über Nacht ein paar behelfsmäßige Holzwände errichteten und sich zum ersten Saloon, dem ersten Hotel oder dem ersten Laden für Zeltzubehör erklärten. Und von diesem Bahnhof aus wurde Albertas reiche landwirtschaftliche Ernte abtransportiert.“

 

Wir beenden unseren Rundgang im Gedränge auf der Whyte Avenue. Die heiße Präriesonne bringt nicht nur die zweibeinigen Besucher ins Schwitzen. Hechelnde Hunde trinken dankbar aus den am Gehweg bereitgestellten Wasserschalen. Wir passieren Workhall, wo Designerin Nicole Campre ihre minimalistischen, asymmetrisch geschnittenen Kleider verkauft, den Streetwear-Shop Foosh und andere Boutiquen, die sich vorrangig an junge Erwachsene richten, und gelangen dann zu einer riesigen Baustelle, an der (erstmals seit Jahrzehnten wieder) zwei mittelgroße Hochhäuser mit Wohnungen entstehen.

 

Das Viertel im Wandel der Zeit

An der 109 Street wenden wir uns nach Norden und erreichen das Viertel Garneau. In vielen der alten Handwerkerhäuser haben sich heute Professoren und Studentenverbindungen eingenistet. Die meisten Geschäftsgebäude stammen aus den letzten Jahrzehnten. Zwei Ausnahmen bilden das Sugarbowl DinerExterner Link Titel – in dem sich Dozenten und Studierende morgens die legendären Zimtröllchen schmecken lassen, tagsüber Burger aus Lammfleisch bestellen und abends ein paar Pints genehmigen – und das Garneau Theatre. Das in Schwarz und Rot gehaltene unabhängige Kino am südlichen Ende der High Level Bridge ist das schönste Beispiel für Art déco-Architektur in der Stadt. „Den Hügel hochzukommen und am erleuchteten Kino die Neonschilder und die Ankündigungen für alte Klassiker zu sehen, das ist schon etwas ganz Besonderes“, so Rose.

 

Zur Abkühlung bestellen wir uns einen kalt gebrühten Kaffee bei Transcend CoffeeExterner Link Titel, einem Röster mit angeschlossenem Café im Theater. Rose sinniert darüber nach, ob die neuen Hochhäuser wohl den Charakter des Viertels verändern werden. Er räumt ein, dass das Bauprojekt umstritten ist. Er sieht es aber auch als Beweis für die Wandlungsfähigkeit der Gegend. „Und schließlich wird die Geschichte dieses Viertels nicht nur durch seine Gebäude geschrieben, sondern vor allem durch seine Bewohner.“