Von Natur bis Architektur: Urlaubs-Abenteuer Winnipeg
Auf der Suche nach einem ungewöhnlichen Trip? Dann sollte Manitoba auf der Liste der Top- Reiseziele stehen. Denn rund um die Hauptstadt Winnipeg locken einmalige Reiseerlebnisse – von einer Bisonsafari über Touren in die Sumpfgebiete bis zur Dekodierung hermetischer Codes. Drei einheimische Guides zeigen die Abenteuer der besonderen Art.
Das Erbe der Prärie entdecken
30 Millionen Bisons zogen einst durch Kanadas Prärien, im Jahr 1888 war ihre Zahl durch die jahrzehntelange Jagd auf 800 reduziert. Heute schützt das FortWhyte Alive Reservat im Südwesten Winnipegs eine Herde von rund 35 Tieren. Besucher einer Bisonsafari können den imposanten Riesen ganz nah kommen.
Guide Kalyn leitet die Tour durch das Gelände. Dass er mit seinem Bus mitten durch das Gehege manövriert, stört die grasenden Tiere nicht besonders. Das ist auch gut so, denn Ärger mit den größten Landtieren Nordamerikas sollten sich Beobachter besser nicht einhandeln. Wenn sie so richtig in Fahrt kommen, erreichen Bisons mühelos Geschwindigkeiten von bis zu 70 Stundenkilometern. Zudem sind sie nicht nur schnell, sondern auch extrem wendig: Bisons können sich in einer einzigen Bewegung um 90 Grad drehen und rund 1,80 Meter hoch springen. Angeführt wird jede Herde von einem Alphatier, das für die Sicherheit der Gruppe verantwortlich ist und besondere Fortpflanzungsrechte besitzt.
In einem Tipi, einem traditionellen Zelt der First Nations, erklärt Kalyn, welche Bedeutung die Bisonherden einst für die Ureinwohner der Prärien hatten. Denn während die weißen Jäger die Tiere nur wegen ihres Fleisches jagten, verwendeten die Aboriginals jeden einzelnen Teil: Aus den Hörner stellten sie Werkzeuge her, aus den Knochen Gebrauchsgegenstände und die Felle verarbeiteten sie zu Kleidung. Wer die traditionelle Jagdmethode der Aboriginals kennenlernen möchte, kann selbst einen traditionellen Atl Atl werfen - einen Speer, der während der Jagd dazu verwendet wurde, die Herde zusammenzutreiben.
Von den Ureinwohnern der Prärien führt Kalyn seine Besucher auf der Zeitreise durch die Historie der Gegend zur Ankunft der europäischen Einwanderer. Eine lebhafte Vorstellung von der Lebenssituation der Siedler verschafft der Blick in ein nachgebautes Sodenhaus. In diesen kleinen, dunklen Unterkünften aus Erde verbrachten die Neuankömmlinge die erste Zeit, in der sie versuchten, sich an das unbekannte Land und ihr neues Leben zu gewöhnen.
Egal wie widrig die Umstände auch schienen, das Land war fruchtbar. Die First Nations wussten, wie sie sich Pflanzen und Bäume zu Nutze machen konnten, und die Siedler profitierten von diesem wertvollen Wissen: Aus Weidenzweigen gewannen die Ureinwohner Acetylsalicylsäure zur Schmerzlinderung, Hagebutten sicherten ihre Vitamin-C-Versorgung und Espen verwendeten sie zur Herstellung eines natürlichen Sonnenschutzmittels. Ganz traditionell wie die Aboriginals bereitet auch Kalyn für die Gruppe Buschtee aus Hagebutten, Ysop und wilder Minze zu. Dazu reicht er das traditionelle über offenem Feuer gebackene Fladenbrot Bannock und bringt seine Gäste so auf den Geschmack des Prärielebens.
Vogelfrei fühlen im Sumpfgebiet
Als im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert die Immigrantenwelle Winnipeg und die fruchtbaren Ebenen im Süden Manitobas erreichte, wurden riesige Feuchtgebiete trockengelegt, um der wachsenden Bevölkerungszahl Platz zum Leben zu bieten. In den 1970er Jahren begann die Renaturierung des Oak Hammock Marsh rund 40 Kilometer nördlich von Winnipeg, einem Gebiet, das heute wieder zahlreiche Wildtiere beherbergt. Heimisch sind dort auch rund 300 Vogelarten, das ist gut die Hälfte aller in Kanada lebenden Arten. Das Sumpfgebiet ist eines der besten Vogel-Beobachtungsgebiete des gesamten Kontinents.
Besucher können die Tiere nicht nur aus der Ferne beobachten, sondern auch Vogelberingerin Paula und Guide Jacques bei ihrer Arbeit über die Schulter sehen. Die beiden untersuchen die Tiere regelmäßig, versehen sie mit Metallbändern und sammeln über die Identifikationsnummern stetig Informationen über Alter, Geschlecht, Gewicht oder Flügelspannweite der Vögel. Teilnehmer des A Bird in the Hand Programms dürfen dann die Entlassung in die Freiheit übernehmen: Paula setzt ihnen einen Vogel vorsichtig in die gefalteten Hände. Werden die Hände geöffnet, fliegt der Vogel blitzschnell davon.
Wer noch mehr über Oak Hammock Marsh erfahren möchte, klettert mit Jacques in ein Kanu und paddelt in die Sümpfe hinaus, die einst als Wasservorrat der boomenden Stadt Winnipeg dienten und im Zweiten Weltkrieg als Übungsplatz für Bomber herhalten mussten. Jacques teilt dabei sein Wissen über die heimischen Tiere und Pflanzen, identifiziert die verschiedenen Vogelstimmen und stimmt in ihr Zwitschern ein. Er zieht Rohrkolben aus dem Wasser, entfernt die äußeren Blätter und animiert seine Gäste dazu, den Stängel zu probieren. Die Sumpfpflanze ist knackig und schmeckt nach einem Mix aus Wassermelone, Gurke und Sellerie.
Leckereien finden sich in Oak Hammock auch für die Tiere in Hülle und Fülle. Das reichhaltige Futterangebot ist ein Grund dafür, dass so viele Zugvögel auf ihrer Wanderung in den Sumpfgebieten rasten und nisten.
Den hermetischen Code knacken
Als der britische Architekt Frank Worthington Simon 1911 die Ausschreibung für den Entwurf des Regierungsgebäudes der Provinz Manitoba gewann, war Winnipeg das blühende Handelszentrum Nordamerikas, auch das Chicago des Nordens genannt. Das aufwändig gestaltete Legislative Building in Manitoba mit dem Golden Boy auf der Kuppel sollte Sinnbild für die aufstrebende Stadt sein. Simon hatte allerdings auch zahlreiche eigene Ideen für den Bau des Gebäudes und das Ergebnis können Besucher bei einer der faszinierendsten Architekturführungen Kanadas, der Hermetic Code Tour, bestaunen.
Die Führung ist eine architektonische Odyssee durch geheimnisvolle Symbolik und religiöse Anspielungen, vor Augen geführt von einem leidenschaftlichen Historiker: Dr. Frank Albo, Autor des Buches „Hermetic Code“, ist Protagonist, Historiker und Guide der Hermetic Code Tour.
Er zeigt Besuchern die zahlreichen architektonischen Geheimnisse des Regierungsgebäudes und informiert über die versteckten Hieroglyphen und numerologischen Codes, über Alchemismus, Freimaurer-Rituale und Tieropfer. Alle seine abenteuerlichen Theorien vermittelt er seinen Gästen mit einem Augenzwinkern: „Bevor ich es nicht beweisen kann, glaubt nicht ein einziges Wort!“